Sondernewsletter Fachtagung Velokonferenz

 

 

Paris baut sein Velonetz systematisch aus

Mit dem «Plan Vélo 2021–2026» hat sich Paris zum Ziel gesetzt, 180 Kilometer neue bzw. verbesserte und sichere Velowege zu schaffen. Ein Teil dieses Projekts ist bereits realisiert, der Rest befindet sich in der Planungs- oder Bauphase und wird bis Ende 2026 so weit wie möglich vorangetrieben. 

Im Rahmen der Olympischen und Paralympischen Spiele 2024 entstanden in der Region Île-de-France etwa 120 Kilometer neue Velowege, die als Erbe von Olympia beibehalten werden. Darüber hinaus wurden 60 Kilometer neue Verbindungen zwischen den olympischen Stätten angelegt, die dauerhaft bestehen bleiben und das Fahrradnetz langfristig stärken werden. 

Im Vorfeld der Fachtagung der Velokonferenz Schweiz, die am 4. November im Verkehrshaus Luzern stattfindet, hatten wir das Vergnügen, mit Charlotte Guth zu sprechen. 

Am 4. November wird sie ihre Erfahrungen und Erkenntnisse in ihrem Vortrag mit dem Titel «Au-delà de la volonté politique – comment Paris est devenu cyclable» (dt. «Über die Politik hinaus – wie Paris velofreundlich geworden ist») teilen.

Wir wünschen Ihnen viel Vergnügen beim Lesen! 

Charlotte Guth

Als Leiterin der Veloverkehrsstrategie und ihrer Umsetzung in der Stadt Paris hat Charlotte Guth massgeblich dazu beigetragen, die Stadt in eine velofreundliche Metropole zu verwandeln. Seit ihrer Ankunft in der Stadtverwaltung 2018 hat sie zusammen mit ihrem Team den «Plan Vélo 2021–2026» umgesetzt, mit dem Paris vollständig velotauglich werden soll. 

Interview

Frau Guth, was war Ihre persönliche Motivation, sich für die Förderung des Veloverkehrs in Paris einzusetzen? 

Während eines Praktikums in den Niederlanden habe ich das Velofahren in der Stadt für mich entdeckt. Als ich später nach Paris zog, wurde mir klar, dass die Infrastruktur in Frankreichs Hauptstadt nicht annähernd so velofreundlich war, was das Velofahren deutlich unattraktiver machte. Nachdem ich mehrere Jahre in der Konzeption und Gestaltung des öffentlichen Raumes gearbeitet hatte, bot sich mir die Gelegenheit, diese Erfahrung gezielt im Bereich der Veloinfrastruktur einzubringen. Ich war täglich mit meinem Velo in Paris unterwegs, ich habe nicht lange gezögert. 

 

Das Thema der Fachtagung ist die Umsetzung. Gab es einen Schlüsselmoment bei der Entwicklung und Implementierung des «Plan Vélo», der bei Ihnen einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat? 

Es war kein einzelner Moment, sondern viele kleine Augenblicke auf meinen täglichen Fahrten, die mich geprägt haben: Ich sehe immer mehr Kinder auf dem Velo und Eltern, die gemeinsam mit ihrem Nachwuchs velofahren oder ihn auf dem Velo mitnehmen. Das gab es alles nicht, als ich damals anfing, mich in Paris mit dem Velo fortzubewegen. Dass diese Nutzungsformen entstanden sind und heute selbstverständlich zum Strassenbild gehören, zeigt den Erfolg unserer Politik.

 

Wie haben Sie die Vision eines velofreundlichen Paris entwickelt und was sind die langfristigen Ziele? 

Die Vision eines velofreundlichen Paris geht einher mit einem Paris, das fussgängerfreundlich, sauberer, grüner und widerstandsfähiger gegenüber der Klimaerwärmung und insbesondere gegenüber Hitzewellen ist. Ziel ist es, dass möglichst viele Leute zu Fuss gehen und das Velo oder den öV benutzen. Ausserdem sollen öffentliche Räume mit weniger Lärm- und Luftverschmutzung geschaffen werden, in denen zahlreiche Bäume Schatten spenden.

Langfristig soll der Anteil des Veloverkehrs am gesamten Verkehrsaufkommen gesteigert werden, und zwar landesweit. Dies erfordert vor allem die Entwicklung eines durchgängigen, qualitativ hochwertigen und gut strukturierten Velowegnetzes in ganz Paris. Dieses wird bis Ende 2026 nicht vollständig fertiggestellt sein und muss in den darauffolgenden Jahren weiter ausgebaut werden. Ausserdem sind weitere Massnahmen zu ergreifen. So braucht es beispielsweise mehr Veloabstellplätze oder Velokurse für Kinder in der Schule.

 

Hatte die Förderung des Veloverkehrs unerwartete positive oder negative Auswirkungen auf die Stadtentwicklung? 

Was wir nicht ausreichend antizipiert haben, ist die Auswirkung auf den Komfort der Zufussgehenden: Viele fühlen sich heute durch die grosse Anzahl an Velofahrenden, denen sie auf ihren Wegen begegnen, gestört oder beeinträchtigt, da diese nicht immer Rücksicht nehmen.

Ausserdem haben wir nicht damit gerechnet, dass in Wohnungsanzeigen inzwischen oft hervorgehoben wird, wenn sich eine Vélib-Veloverleihstation in der Nähe befindet oder es einen Veloraum gibt.

 

Haben Sie persönlich einen Lieblingsveloweg in Paris? Falls ja, warum ist genau diese Route etwas Besonderes für Sie?

Eine meiner Lieblingsstrecken führt über die Brücke Pont au Change im Herzen von Paris. Ich geniesse es, mit dem Velo die Seine zu überqueren, denn dabei eröffnen sich wundervolle Blicke auf Paris und zahlreiche bedeutende Wahrzeichen der Stadt. Und das ist wirklich eine Erfahrung, die man nur zu Fuss oder mit dem Velo machen kann. Weder öffentliche Verkehrsmittel noch das Auto lassen einen die Schönheit von Paris auf den alltäglichen Wegen so erleben.

 

Können Sie uns einen Überblick über den «Plan Vélo 2021–2026» geben und die Prioritäten erläutern, die Sie und Ihr Team sich gesetzt haben? 

Der «Plan Vélo 2021–2026» hat zum Ziel, Paris zu 100 Prozent velotauglich zu machen, sodass jede und jeder, unabhängig von den eigenen Möglichkeiten, das Velo als Fortbewegungsmittel nutzen kann. Massnahmen werden demnach auf allen Strassen umgesetzt:

  • Auf den grossen Verkehrsachsen schaffen wir breite, sichere und durchgehende Velowege.
  • Auf Quartierstrassen legen wir nicht unbedingt Velowege an, sondern versuchen vielmehr, die Zahl der Autos zu verringern (wobei die Anwohnenden weiterhin mit dem Auto fahren dürfen), um Lärm und Luftverschmutzung zu reduzieren und die Lebensqualität sowohl für Zufussgehende als auch für Velofahrende zu verbessern.

Im Vordergrund stehen eine rasche Umsetzung, eine hohe Qualität der Velowege und ein durchgehendes Netz. Ebenso wichtig sind Begleitangebote. Daher haben wir mehr Veloabstellplätze auf der Strasse und in Parkhäusern angelegt.

 

Wie wichtig war die Einbeziehung von Bürgerinnen und Bürgern sowie lokalen Gemeinschaften in den Planungsprozess? 

Die Beteiligung der Bevölkerung und der Veloverbände ist entscheidend für den Erfolg des «Plan Vélo». Sie motivieren uns, immer mehr zu tun, da sie nie ganz zufrieden sind. Sie stellen regelmässig unser Umsetzungstempo und die Qualität unserer Massnahmen auf den Prüfstand. Zudem helfen sie uns, unsere Projekte bereits in der Planungsphase zu optimieren – da wir sie dort einbeziehen – und ermöglichen uns so, den Pariserinnen und Parisern letztlich einen besseren Service zu bieten.

 

Wichtiger Hinweis 

Mehr über den Velo-Weg zum Ziel, die messbaren Ergebnisse und die Erkenntnisse aus diesem Projekt erfahren Sie an der Präsentation von Frau Guth am 4. November 2025 bei der Fachtagung in Luzern. 

Unter dem folgenden Link können Sie sich für die Fachtagung anmelden.

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